Briefkopf - ALBERT MILDE k. k. Hof-Kunst-Bauschlosser und Eisenkonstrukteur zu Wien; von 7.2.1839 bis 8.11.1904

Deutsches Volksblatt vom 12.2.1893

Der Kaiser bei der Firma Milde

k. k. Albert Milde

Archivbild: Deutsches Volksblatt vom 18.2.1893 (1)

Deutsches Volksblatt vom 12.2.1893

Gewerbe. Der Kaiser bei der Firma Milde

Gestern, vormittags um viertel 11 Uhr, erschien Seine Majestät der Kaiser in der k. u. k. Hof-, Kunst- und Bauschlosserei und Eisenkonstruktions-Werkstätte Albert Milde u. Comp., wurde von Herrn Albert Milde und den Herren Kommanditären Adalbert Kurz und Georges Roth ehrfurchtsvoll empfangen und dann zu den von der Firma für die Ausstellung in Chicago bestimmten Kunstschmiedearbeiten geleitet. Der Kaiser sprach sich über diese sehr lobend aus, besichtigte dann sämtliche Werkstätten, Maschinenanlagen und Konstruktionswerkstätten. Besonders interessierte sich der Monarch für die Herstellung der eben in Arbeit befindlichen und in einem Felde aufgestellten dreifeldrigen Parabel-Eisenbahnbrücke für Wels-Unterrohr und gab nach Besichtigung aller Einzelheiten Seiner höchsten Zufriedenheit Ausdruck. Seine Majestät besah sich ferner die Muster-Schmiede, welche in dem Werk „Österreich-Ungarn in Wort und Bild“ abgebildet ist.

Beim Empfange war Se. Majestät in Anwesenheit des ganzen Personals von Herrn Milde durch eine Ansprache begrüßt worden, worin dem Danke für den hohen Besuch und damit der Förderung der Industrie Ausdruck gegeben wurde. Beim Verlassen der Werkstättenräume brachte das Personal ein dreimaliges Hoch auf den hohen Freund der Arbeit aus.

Zum Schlusse besuchte der Kaiser die Bureaus, schrieb in ein aufgelegtes Gedenkbuch Seinen Allerhöchsten Namen und versicherte beim Weggehen Herrn Milde, dass er nach dem, was er gesehen, die Überzeugung gewonnen habe, dass die Firma weder in Chicago noch hier den Wettbewerb zu scheuen habe; endlich versicherte Se. Majestät nochmals Herrn Milde, seine höchste Zufriedenheit mit den Erzeugnissen der Firma.

Die Beschreibung der Ausstellungsgruppe ist folgende: In einem hübsch begrenzten, einseitig von einer Gewächsgruppe mit den Büsten des Kaisers und der Kaiserin geschmückten Raume befinden sich die Ausstellungsgegenstände, welche selbst das Auge des Laien angenehm überraschen. Der Platz ist geradeso eingeteilt, wie er in der Chicagoer Ausstellung aussehen wird. Das Bewunderungswürdigste der Gegenstände sind zwei große Medaillonköpfe, staunenswert plastisch getrieben und mit reich gezierten Rahmen versehen. Sodann ziehen eine Gittertüre in den Renaissancestilen, ein Tisch aus Schmiedeeisen getrieben, reich ornamentiert und in grauer Farbe ausgeführt, die Aufmerksamkeit aus sich. Sehr nett und sein gearbeitet sind Nippsachen, darunter namentlich eine Brosche, die dem Kaiser besonders gefiel. Ferner findet man zwei schöne Renaissance-Waschbecken, zwei Palmenständer, vier Leseleuchter in schwarzer und grauer Farbe, drei weibliche, getriebene Figuren als Anfänge von Stiegengeländer, zwei Stiegen-Anfänge im Barockstile, ein sehr reich ausgeführter Blumentisch, eine Stell-Laterne im Zopfstile, zwei Hängelaternen, eine große Vestibüle-Lampe im Renaissancestile, vier Glockengehäuse, ebenfalls im Renaissancestile, drei Stiegengitter, verschiedene Leuchter in mehreren Farben, sämtliche Arbeiten in feinster Ausführung, so dass jede Linie in einer Vollkommenheit erscheint, wie sie nicht genauer gezeichnet werden kann. Wunderbar schön gemacht ist einem sehr reich gehaltenen Oberlichte aus Schmiedeeisen mit einem österreichischen Kaiseradler mit der Krone, umgeben von Blumen- und Obst-Kränzen. Alles in feinster und mühsamster Art getrieben. Bemerkenswert sind weiter die Felder der Stiegengeländer, fünf plastisch getriebene figuralische Fragmente, 12 Leuchter, deren unterer Teil gebogen und die durch Feuer schöngefärbt sind.

Alle Gegenstände tragen die schöne Eisenfarbe, die keinen Rost zulässt und die durch mancherlei Manipulationen, als Feilen, Bürsten, Erhitzen und dergleichen erzeugt wird.

Auch das Standbild des Herrn Albert Milde als Schlossergeselle mit Schurz und Hammer, ausgezeichnet durchgeführt, ist vorhanden. Die Einzelheiten desselben sind so genau, dass man zum Beispiel jede Naht und jedes Fältchen von Schurz und Kleidung sieht.

Die Ausstellungsgegenstände wurden teils vom technischen Bureau der Firma, teils von hervorragenden Architekten entworfen. Die eingangs erwähnten Medaillonköpfe schwierigster plastischer Arbeit sind von Professor Weyr gezeichnet.

Es ist bekannt, dass die Firma Albert Milde bei allen Ausstellungen mit den ersten Preisen ausgezeichnet wurde; wir sind überzeugt, dass dies auch in Chicago der Fall sein wird, umso mehr, als alle ihre Ausstellungsobjekte neue Arbeiten sind, die sich durch besondere Technik auszeichnen, stilvoll erzeugt sind und immer den Charakter des Schmiedeeisens zeigen.

Zum Schlusse ergänzen wir, dass es für Se. Majestät den Kaiser sehr interessant erschien, zugleich die Schlossergehilfen selbst an den Ausstellungsgegenständen arbeiten zu sehen, denn Alles an den Letzteren ist Handarbeit, welche eine künstlerische Fertigkeit erfordert.